22. Januar 2022

Machen war schon immer mein Konzept – Pierre Lossner im Gespräch

Porträt

Pierre und Petra Lossner
Petra und Pierre Lossner haben mit ihrer Zeit als Betreiber des Wallauer Nahkaufs abgeschlossen. Foto: Petra Schumann


Es gibt sie, die Wallauer, die hier im Ort geboren wurden, zur Schule gegangen sind und später mit ihrem Unternehmen das Leben im Dorf mitgeprägt haben. Eines dieser Urgesteine ist Pierre Lossner. Der 61-Jährige übergab im Dezember seine beiden Nahkauf-Geschäfte in Wallau und Diedenbergen an Nachfolger und zieht damit einen vorläufigen Schlussstrich unter sein Leben als Unternehmer. Wallau Online hat aus diesem Anlass mit ihm gesprochen.

„Ohne meine Familie hätte ich das alles nie geschafft“, sagt Pierre Lossner im Brustton tiefster Überzeugung. „Ich hatte immer die unterschiedlichsten Ideen, womit ich Geld verdienen könnte. Gezweifelt habe ich nie daran, aber allein hätte ich das die ganzen Jahre nicht durchgehalten. Solche Sachen schaffst du nur als Team. Und bei meiner Frau Petra und mir hat es einfach gepasst.“ Aber auch die beiden Söhne von Lossner zogen mit: „Die zwei haben schon in jungen Jahren hinter uns und dem Unternehmen gestanden. Sie haben immer mitgearbeitet, wenn es nötig war und auf manchen Spaß, den ihre Freunde in dieser Zeit hatten, verzichtet. Darauf bin ich besonders stolz“, erzählt Lossner sichtlich bewegt.

Ein echter Waller Bub

Lossner, der im April 1960 mithilfe der im ganzen Ländchen bekannten Hebamme „Tante Frieda“ in der damaligen Kirchgasse (heute Pfarrbornstraße) geboren wurde, hat sein ganzes Leben in Wallau verbracht. Die Grundschule besuchte er noch im Gebäude auf dem Recepturhof und den Hauptschulabschluss schloss er in der Taunusblickschule, die damals eine Hauptschule war, ab.

Zündende Geschäftsidee

Nach seiner Ausbildung zum Automechaniker in Wiesbaden und Stationen bei Opel in Rüsselsheim und im Autohaus Roth in Hofheim reifte in Lossner die erste Geschäftsidee. Für seinen Polterabend 1984 suchte er eine Zapfanlage für Fassbier und Festzeltgarnituren. Getränkehändler, wie sie heute gang und gäbe sind, gab es nicht. Vielmehr verkauften in Wallau einige Privatleute Getränke kastenweise aus den Fenstern ihrer Häuser und Wohnungen.

Die Dorfgemeinschaft fördern

In den Räumen der ehemaligen Schreinerwerkstatt seines Onkels begann Lossner nebenberuflich mit dem Aufbau eines Getränkehandels mit Verleih von Festequipment. Das Geschäft florierte und rasch platzten die Räumlichkeiten aus allen Nähten. „Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht, denn ich konnte damit auch die bunte Wallauer Vereinslandschaft unterstützen. Die Gemeinschaft in unserem Ort wird nicht zuletzt durch die zahlreichen Aktivitäten der Vereine getragen. Es war mir wichtig, das zu fördern“, sagt Lossner mit Nachdruck. Lossner wagte den Schritt, aus der nebenberuflichen Einnahmequelle einen Vollerwerb zu machen und zog mit seinem Getränkehandel in das Gewerbegebiet.

Vom Händler zum Kaufmann

Mit Beginn des neuen Jahrtausends nahm der Konkurrenzdruck zu, weitere Getränkehändler eröffneten in Wallau. Da passte es gut, dass 2007 die Anfrage der Stadt Hofheim kam, ob er den HL in der Wiesbadener Straße übernehmen möchte. Lossner besprach sich mit seiner Frau und sagte kurzerhand zu. „Das Gespräch mit der Bank ist mir noch gut in Erinnerung. Wir saßen stundenlang zusammen und ich musste die Entscheider überzeugen, dass ich dieser Aufgabe gewachsen bin“ erzählt Lossner. Auf die Frage, mit welchem Konzept er letztendlich punkten konnte, antwortet Lossner lachend: „Ganz einfach – machen war schon immer mein Konzept.“ Er überzeugte und nahm 2011 noch den Laden in Diedenbergen dazu. „Die Arbeit hat meiner Frau und mir immer viel Spaß gemacht. Die Nähe zu den Kunden und die Gewissheit, mit dem Wallauer Laden ein zentraler Treffpunkt in unserem Ort zu sein, war uns immer wichtig.“ Als waschechter Wallauer kannte er seine Kunden und deren Wünsche gut. Viel Zeit steckte das Ehepaar in die Auswahl der Produkte. So dauerte es etwas, bis in der Backtheke die Angebote lagen, die sich am Ende wie die sprichwörtlichen „warmen Semmeln“ verkauften. „Wir haben das gerne gemacht, denn die Zufriedenheit unserer Kunden stand bei uns immer vor dem Wunsch der Gewinnmaximierung. Dazu liegt mir Wallau einfach zu sehr am Herzen“, sagt Lossner lächelnd. Aber so viel Engagement hat seinen Preis. Der hohe Arbeitsaufwand steckte dem Ehepaar nach so vielen Jahren in den Knochen und die Zeiger rückten auf Veränderung.

Ordentlicher Abschluss

Im März 2018 nahm der Investor, der das Grundstück hinter dem Nahkauf mit einem Discounter bebauen wird, Kontakt mit Lossner auf. „Ich trug mich damals bereits mit dem Gedanken, die Geschäfte zu veräußern“, sagt Lossner. Letztendlich dauerte es aber noch weitere zwei Jahre bis feststand, dass auf dem Gelände hinter dem Nahkauf eine ALDI-Filiale entstehen wird und ich das Wallauer Geschäft ganz aufgeben würde. Danach begannen wir, alles auf diesen Termin auszurichten. Leider verzögerte sich der Baubeginn immer weiter, bis das ursprüngliche Fertigstellungsdatum, März 2022 langsam im Wind der Verwaltungsvorschriften verweht wurde“, erzählt Lossner.

Für Wallau Online besuchen Pierre und Petra Lossner nochmal ihr altes Geschäft. Foto: Petra Schumann

„Jetzt stellte sich plötzlich die Frage, ob Petra und ich mit dem Wallauer Nahkauf in die Verlängerung gehen würden, um den Bürgerinnen und Bürger die lokale Nahversorgung sicher zu stellen. Aber wenn Schluss ist, ist Schluss und so haben wir uns letztendlich dagegen entschieden. Nicht ohne noch eine Zwischenlösung zu organisieren. Mit Davide Spiga hat ein Kollege den Nahkauf übernommen, der das Geschäft bis zur Eröffnung der ALDI-Filiale betreiben wird. Meine Frau und ich sind froh, diese Lösung gefunden zu haben“, sagt Lossner sichtlich zufrieden.

Offen für Neues

Auf die Frage, ob er damit endgültig aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheiden, antwortet Lossner lachend: „Nein, das Nichtstun liegt mir nicht, das habe ich schon nach wenigen Tagen ohne Arbeit gemerkt. Ich bin für vieles offen. Eine Schreibtischtätigkeit kann ich mir allerdings nicht vorstellen, mal sehen, wohin mich die Reise führt. Wenn ich fit bleibe, werde ich sicher mit meinem Motorrad noch einige Fahrten unternehmen. Überhaupt ist Gesundheit in Zeiten wie diesen noch wichtiger geworden, ohne Gesundheit ist alles nichts. Deshalb steht dieser Wunsch, für alle die mir am Herzen liegen, an erster Stelle“, sagt Lossner abschließend. psn

2 thoughts on “Machen war schon immer mein Konzept – Pierre Lossner im Gespräch

  1. Ich liebe „unseren“ Nahkauf der mit einem super Sortiment und frischen & regionalen Produkten oft den Gang zu den überfüllten Discountern erspart hat. Danke für eure Mühen in all den Jahren die uns einen Supermarkt mit Herz in unserem Dorf ermöglicht hat. Schade das dies uns nun langfristig vom allgegenwärtigen Aldi genommen wird…

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