Ulrike Renks „Fine und die Zeit der Veränderung“ ist ein Roman über eine junge Frau in dunklen Zeiten und den Mut, aus dem Hoffnung gemacht ist. Christian Haller veröffentlicht mit „Sich lichtende Nebel“ eine Novelle über Werner Heisenberg und die Schaffung einer neuen Welt. Siri Hustvedt zieht in ihrer Essaysammlung „Mütter, Väter und Täter“ in vorläufiges Fazit ihrer lebenslangen Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir funktionieren und was uns als Menschen zusammenhält.
„Fine und die Zeit der Veränderung“
1931: Der Alltag im von der Wirtschaftskrise gebeutelten Berlin ist schwer. Fines Mutter Ulla Dehmel gelingt es kaum, für ihre Kinder zu sorgen. Schließlich ist sie gezwungen, Fine und ihre Schwestern bei einer Pflegefamilie auf dem Land unterzubringen. Zunächst ist Fine entsetzt, dass sie Berlin verlassen muss, aber nach und nach arrangiert sie sich mit dem neuen Leben. Dann kommen die Nazis an die Macht, und es zeigt sich, dass Ullas Sorge um ihre halbjüdischen Kinder berechtigt war. Schon bald wird Fine ihr Erbe zum Verhängnis. Wird sie es schaffen, dennoch an ihre Träume zu glauben?
Ulrike Renk, Jahrgang 1967, studierte Literatur und Medienwissenschaften und lebt mit ihrer Familie in Krefeld. Familiengeschichten haben sie schon immer fasziniert, und so verwebt sie in ihren erfolgreichen Romanen Realität mit Fiktion.
Im Aufbau Taschenbuch liegen ihre Australien-Saga, die Ostpreußen-Saga, die Seidenstadt-Saga und zahlreiche historische Romane vor. Zuletzt erschienen von ihr „Eine Familie in Berlin – Paulas Liebe“ und „Ursula und die Farben der Hoffnung“, die neue große Saga um die Dichterfamilie Dehmel.
Ulrike Renk: „Fine und die Zeit der Veränderung“
Aufbau Taschenbuch, 2023. 509 Seiten, 12,99 Euro.
„Sich lichtende Nebel“
Kopenhagen 1925: Ein Mann taucht im Lichtkegel einer Laterne auf, verschwindet wieder im Dunkel und erscheint erneut im Licht der nächsten Laterne. Wo ist er in der Zwischenzeit gewesen? Den Beobachter dieser Szene, Werner Heisenberg, führt sie zur Entwicklung einer Theorie, die im weiteren Verlauf ein völlig neues Weltbild schaffen wird: die Quantenmechanik. Der Mann im Dunkel selbst hingegen weiß nichts von der Rolle, die er bei der Entdeckung neuer physikalischer Gesetze gespielt hat – er versucht, den Verlust seiner Frau zu verarbeiten und seinem Leben eine neue Ausrichtung zu geben. Christian Haller, der diese beiden durch den Zufall verknüpften Lebenslinien weiter erzählt, macht daraus ein hellsichtiges literarisches Vexierspiel über Trauer und Einsamkeit, die Grenzen unserer Erkenntnis und die Frage, wie das Neue in unsere Welt kommt.
Christian Haller wurde 1943 in Brugg, Schweiz, geboren, studierte Biologie und gehörte der Leitung des Gottlieb Duttweiler-Instituts bei Zürich an. Er wurde u. a. mit dem Aargauer Literaturpreis (2006), dem Schillerpreis (2007) und dem Kunstpreis des Kantons Aargau (2015) ausgezeichnet. Zuletzt ist von ihm der abschließende Teil seiner autobiografischen Trilogie erschienen: „Flussabwärts gegen den Strom“. Er lebt als Schriftsteller in Laufenburg.
Christian Haller: „Sich lichtende Nebel“
Luchterhand, 2023. 128 Seiten, 22 Euro.
„Mütter, Väter und Täter“
Siri Hustvedts Themen in dieser neuen, sehr persönlichen Sammlung von erstaunlichen Essays reichen von der Natur von Erinnerung und Zeit bis zu dem, was wir von unseren Eltern erben, und sie erweitern ihre bekannten Forschungsgebiete: Feminismus, Psychoanalyse, Neurowissenschaften, die Kunst, das Denken und das Schreiben. An lebendig erzählten Beispielen aus ihrer privaten Familiengeschichte und Lebenserfahrung zeigt Hustvedt, wie porös die Grenzen zwischen uns und den anderen, zwischen Kunst und Betrachter, zwischen dem Ich und der Welt sind. Und so privat diese abwechslungsreiche Reise durch die unterschiedlichsten Themenfelder erscheint, so universell ist sie letztlich – ein vorläufiges Fazit von Siri Hustvedts lebenslanger Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir funktionieren und was uns als Menschen zusammenhält.
Siri Hustvedt wurde 1955 in Northfield, Minnesota, geboren. Sie studierte Literatur an der Columbia University und promovierte mit einer Arbeit über Charles Dickens. Bislang hat sie sieben Romane publiziert. Mit „Was ich liebte“ hatte sie ihren internationalen Durchbruch. Zuletzt erschienen „Die gleißende Welt“ und „Damals“. Zugleich ist sie eine profilierte Essayistin. Bei Rowohlt liegen von ihr die Essaybände „Nicht hier, nicht dort“, „Leben, Denken, Schauen“, „Being a Man“, „Die Illusion der Gewissheit“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ vor.
Siri Hustvedt: „Mütter, Väter und Täter“
Übersetzt von Grete Osterwald und Uli Aumüller
Rowohlt Buchverlag, 2023. 448 Seiten, 28 Euro.