Wallau liegt am Wasser, denn auf der Gemarkung vereinigen sich der Klingenbach und der Wickerbach zu einem Gewässer. Bis vor einem Jahrzehnt war das Thema Hochwasser bei den Anliegern präsent. Jetzt rücken vermehrt die im Sommer ständig sinkenden Pegelstände bis hin zur völligen Austrocknung in den Fokus der Bevölkerung.
Zurzeit sind beide Bäche in der Höhe von Wallau vollständig ausgetrocknet. Bereits am 16. Juli wurden die Privathaushalte in Hofheim zum Wassersparen aufgerufen. Der Fotograf und Buchautor Ernst Kluge beschäftigt sich schon seit Jahren mit dieser Problematik und hat den Verlauf des Wickerbaches über die Jahrzehnte in Bildern dokumentiert. In einer E-Mail an eine Wallauer Bürgerin beschreibt er die Gründe für die aktuelle Situation: „Der Wickerbach war schon in früheren Jahren im Sommer und Herbst abflussarm. Durch den Klimawandel hat sich das noch sehr verschärft und in den letzten Jahren fällt er bereichsweise, vor allem im Unterlauf, komplett trocken. Auch einige Quellbäche trocknen vollständig aus, insbesondere in Bremthal und Wildsachsen.
Wasserentnahme aus dem Bach nicht die Hauptursache
Die Wasserentnahme aus dem Bach und dem bachnahen Grundwasser ist eine, aber noch gar nicht die Hauptursache der Austrocknung. Hauptgrund ist die wenig bemerkte bzw. bemerkbare Wasserentnahme durch die Trinkwassergewinnung (Anlagen von Hessenwasser wie z.B. der Kellerskopfstollen in Rambach und die Tiefbrunnen der Städte Hofheim und Eppstein in Bremthal und Wildsachsen).
Desinteressierte Behörden
Leider machen die Umweltbehörden (Obere Wasserbehörde in Wiesbaden, Untere Wasserbehörde im Main-Taunus-Kreis, Umweltamt Wiesbaden ihren Job nicht und sind bemüht, diese und andere Situationen Jahr um Jahr auszusitzen. Es herrscht dort ein Klima des Desinteresses und der Entscheidungsscheu. Für meine Recherchen komme ich öfter in die Dienststellen und lasse mir auf Grundlage des Hessischen Umweltinformationsgesetzes die Akten vorlegen (das können übrigens alle tun). Man kann dann die Entscheidungsprozesse bzw. ihr Fehlen nachzeichnen.
Was können wir tun?
Mit Protesten kann und soll man sich dennoch an die Behörden wenden, auch an die Umweltverbände, an die Presse und die Bürgermeister der Anliegergemeinden als jeweilige Gewässereigentümer. Ich will das nicht überschätzen, etwas anderes haben wir aber nicht.“ schreibt Kluge abschließend in seiner E-Mail.
Literaturhinweise
Wenn Sie mehr über den Wickerbach erfahren möchten, empfehlen wir die Bücher von Ernst Kluge, die Sie auch online bestellen können.
Der ausgetrocknete Bachlauf fördert auch jede Menge Müll zu Tage. Sie helfen dem Gewässer, wenn Sie bei Ihren Spaziergängen im Bett liegenden Müll aufheben, mitnehmen und in der heimischen Restmülltonne entsorgen.
Neophyten
Bei diesen Spaziergängen im Bach werden Ihnen vielleicht unbekannte Pflanzen auffallen. Diese sogenannten invasiven Neophyten wurden in der Vergangenheit aus dem Ausland eingeschleppt und verdrängen heimische Arten. Eine Übersicht dieser Pflanzen finden Sie hier.
Am Wickerbach findet man zum Beispiel häufig das drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera), das ursprünglich im Himalaya beheimatet ist. Im 19. Jahrhundert wurde es als Zierpflanze gezielt nach Europa eingeführt, wo es sich über botanische Gärten weiterverbreiten konnte. Mittlerweile kommt es massenweise an Fließgewässern vor und unterminiert dort die Bachufer. Seinen Namen erhielt es durch seinen Verbreitungsmechanismus, da der Samen bis zu sieben Meter weit und zwei Meter hoch geschleudert werden kann.
Die rosafarbenen Blüten der bis zu 60 cm groß werdenden Pflanze riechen nach Kokosnuss. Wegen seines Nektarreichtums bevorzugen Bienen das Springkraut vor allem in nektarärmeren Jahreszeiten. Dies führt zu einem unerwünschten Druck auf konkurrierende einheimische Pflanzen. Außerdem bildet die Art oft flächendeckende Bestände, die andere heimischen Arten am Wachsen hindern. Trotzdem ist die Entnahme dieser Pflanzen nicht unbedingt erlaubt. Außer sie sind nachweißlich gesundheitsschädlich, wie der Riesen-Bärenklau, dessen Saft ist in Kombination mit Sonnenlicht giftig (phototoxisch), die Pollen sind zudem für Allergiker ein Problem. Der Heracleum mantegazzianum muss wegen seiner schädlichen Wirkungen mit großem Aufwand gerodet oder mit Flamme vernichtet werden. Wenn Sie auf Ihrem Spaziergang wissen wollen, welche Pflanze Sie gerade vor sich haben, nutzen Sie doch die PflanzenbestimmungsApp PictureThis und lernen Sie die heimische Flora besser kennen. psn
Ein toller und qualifizierter Bericht.
Wie könnte ein Protestschreiben formuliert sein, damit die
Behörden, Städte und Verbände darauf reagieren müssten?